Nach BitMEX-Akquise Droht den Banken der Ausverkauf?

Am Dienstag, dem 18.01.2022, wurde öffentlich, dass die Krypto-Derivatebörse BitMEX das Bankhaus von der Heydt kauft. Über die Motive des M&A-Deal und warum die Signalwirkung für den traditionellen Finanzsektor nicht zu unterschätzen ist.

Sven Wagenknecht
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Großer Fisch isst kleinen Fisch als Veranschaulichung einer M&A-Transaktion am Beispiel von BitMEX und BvdH

Beitragsbild: Shutterstock

Krypto-Börsen genießen im traditionellen Finanzsektor nicht gerade das höchste Ansehen. Erst Recht nicht, wenn sie sich auf Derivate spezialisiert haben und ihr ehemaliger CEO in Skandale verwickelt war. Ganz anders sieht es bei traditionsreichen Privatbanken aus Deutschland aus, die seit Jahrhunderten für Beständigkeit und Zuverlässigkeit stehen. Vertreter beider Gattungen haben nun durch einen Kaufvertrag zusammengefunden. Die Rede ist von der BitMEX Krypto-Derivatebörse und dem Bankhaus von der Heydt (BvdH) – wir haben berichtet.

Kokosnüsse und Kulturwandel

Das Krypto-Derivatehaus BitMEX hatte nicht immer den besten Ruf. Nachdem BitMEX 2020 ins Visier der Behörden geraten war, drohte das Unternehmen, sich selbst zu zerlegen. Einer der Gründer und der damalige CEO, Arthur Heyes, flüchtete gar vor den Verfolgungsbehörden, bis er sich im April 2021 auf Hawaii stellte.

Der Krypto-Derivatebörse wurde vorgeworfen, dass sie die Anti-Geldwäscheregeln nicht ganz so ernst genommen habe. Neben einer mangelhaften Compliance stand das ehemals auf den Seychellen registrierte Unternehmen in Verdacht, keinen ausreichenden Anlegerschutz zu betreiben. Zumal man keinen Hehl daraus machte, dass man Beamte der deregulierten Steueroase bestochen habe. Ganz ungeniert hatte Heyes öffentlich gewitzelt, dass dafür Kokosnüsse ausreichen würden.

Dass ein derartiges Management nicht haltbar ist, um eine der größten Krypto-Derivatebörsen der Welt in die Zukunft zu führen, wurde den Stimmberechtigten anscheinend gerade noch rechtzeitig klar. Man schwenkte sofort um und verpflichtete Alexander Höptner als neuen CEO von BitMEX. Höptner war bis dato CEO der Börse Stuttgart und verfügte über einen guten Ruf, sowohl in der traditionellen als auch in der Krypto-Finanzwelt. Genau der richtige Mann also, um glaubhaft einen Kulturwandel durchzuführen und das Unternehmen in regulierte Bahnen zu lenken.

Zwang zur Regulatorik und brutales Aufrüsten

In den kommenden Monaten wird sich herauskristallisieren, was sich bereits seit Monaten anbahnt. Es wird nur noch zwei Welten in der Krypto-Ökonomie geben: die hochregulierte Welt und die DeFi-Welt. Alle Krypto-Unternehmen, die sich dazwischen im Graubereich befinden, werden angesichts der anziehenden Regulierungen und des Konkurrenzdrucks von hochregulierten Finanzdienstleistern nicht bestehen können.

Für CeFi, also zentrale organisierte Krypto-Unternehmen, ist der Wilde Westen von 2017 allemal vorbei. Das ständige Beurkunden, wie wichtig die Regulatorik ist, Unternehmenssitze im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sowie seriöse Geschäftsführer mit entsprechendem Track-Record gehören nicht nur zum guten Ton, sondern stellen für BitMEX die Flucht nach vorne dar.

Mit dem Kauf des Bankhaus von der Heydt setzt BitMEX nun einen entscheidenden Fuß in die Tür der traditionellen Finanzdienstleister-Gesellschaft. In Zeiten, wo absehbar ist, dass innerhalb der nächsten drei Jahre praktisch jede Bank Krypto-Dienstleistungen anbieten wird, ist diese rechtzeitige Positionierung als klug zu bewerten. Von Volksbanken und Sparkassen bis N26 und Revolut sind schließlich in den letzten Wochen erste Krypto-Pläne veröffentlicht worden.

Banken: Keine Zukunft, ohne Wandel

Der M&A-Deal ist dabei keinesfalls als einseitig zu beurteilen. Nicht nur stehen Krypto-Dienstleister unter besonderem Handlungsdruck, sondern auch traditionelle Banken, deren Geschäftsmodell immer stärker durch die Krypto-Ökonomie infrage gestellt wird. Damit das im Jahr 1754 gegründete Finanzinstitut auch noch sein 300-jähriges Bestehen erfolgreich feiern kann, muss es sich auf die Token-Ökonomie einlassen. Schließlich schwinden alte Ertragsfelder des traditionellen Banking-Bereiches respektive dessen Margen immer stärker zurück.

Als eine der ersten Banken Deutschlands hat man sich daher frühzeitig auf die Tokenisierung spezialisiert. Schließlich ist das BvdH keine Universalbank, sondern ein Spezialinstitut mit Schwerpunkt auf Wertpapierdienstleistungen, Private Equity und Corporate Finance. Sich hier als Tokenisierungs-Profi zu etablieren und beispielsweise Verwahrung sowie Asset Management für digitale Wertpapiere anzubieten, ergibt absolut Sinn.

Wo finden BitMEX und BvdH zusammen?

Nun mag man sich fragen, wo die potenziellen Synergien zwischen den beiden Finanzinstituten liegen, die auf den ersten Blick in vollkommen unterschiedlichen Gewässern fischen. Die erste Ebene liegt dabei im Bereich der Regulatorik. So besitzt das BvdH die entsprechenden Lizenzen für diverse Finanzdienstleistungen bei der BaFin. Auch eine vorläufige Kryptoverwahrlizenz ist bereits vorhanden. Auf dieser Basis könnte BitMEX sein Produktangebot erweitern, indem es auf lizenzpflichtige Dienstleistungen der Bank zurückgreift.

Doch auch das Bankhaus von der Heydt kann den professionellen respektive institutionellen Kunden ein größeres Krypto-Angebot offerieren. Beispielsweise könnten BvdH-Kunden so auf eine große Palette an Kryptowährungen zurückgreifen. Auch sind Krypto-Zinsangebote via Lending oder Staking denkbar. Wo es am Ende zu konkreten Produkt-Kooperationen kommt, ist natürlich reine Spekulation.

Signalwirkung und Demut

Das Besondere an diesem M&A-Deal ist die Signalwirkung. Manch Bankvorstand mag noch immer die Krypto-Ökonomie für einen Trend halten, der das eigene Geschäft nicht betrifft. Auch die Ansicht, dass man sich im Zweifel einfach einkaufen kann, dürfte auf der ein oder anderen Banketage vorherrschen. Derartige Deals, bei denen es die Krypto-Unternehmen sind, die die Käuferseite darstellen, sollten daher eine gewisse Demut in der traditionellen Finanzwelt bewirken.

Es geht längst nicht mehr nur um den Handel mit Kryptowährungen. Inzwischen steht jeder Bereich einer Bank, vom Wertpapier- bis zum Kreditgeschäft, im Visier von Krypto-Unternehmen. Die Bewertung mancher Krypto-Unternehmen übersteigt bereits heute die einiger Banken. Der BitMEX-BvdH-Deal ist da erst der Anfang. In den nächsten Monaten dürften weitere solcher M&A-Transaktionen zwischen Banken und Krypto-Unternehmen folgen.

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