Mastodon Taugt die dezentrale Twitter-Alternative?

Mit der Twitter-Übernahme durch Elon Musk sehen viele die Blütezeit für alternative Kurznachrichtenplattformen wie Mastodon gekommen. Unser Autor hat sich umgesehen.

David Scheider
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Mastodon Twitter

Beitragsbild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Andre M. Chang

| Schießt Mastodon den blauen Vogel ab?

Das “grundlegend andersartige soziale Netzwerk, zurück in deinen Händen.” Das Mastodon-Motto scheint zu ziehen. Prominente Figuren aus dem deutschsprachigen Twitter-Kosmos tummeln sich dieser Tage vermehrt auf der Plattform, die anstatt eines Piepmatzes ein urzeitliches Rüsseltier im Logo trägt. Spätestens seit Elon Musk ankündigt hat, eine Gebühr von acht US-Dollar pro Monat für den blauen Haken für verifizierte Twitter-Accounts nehmen zu wollen, riecht so mancher bereits einen Exodus von der Plattform mit dem blauen Vogel.

Prominentestes Beispiel für die Riege der Pioniere auf Mastodon: Satiriker Jan Böhmermann. Auf Twitter schreibt der Moderator:

Mit det.social verwaltet das ZDF Magazin sogar einen eigenen Server, wo sich nach erster Durchsicht bereits ein paar bekannte Gesichter aus der deutschsprachigen Twitter-Welt tummeln. Darunter etwa Dax Werner und El Hotzo.

Allerdings, und das ist ein großes Allerdings, ansonsten ist selbst auf Böhmermanns Mastodon-Server nicht viel los. Zwischen wenigen original auf Mastodon geposteten Beiträgen werden vor allem – kein Scherz – Twitter-Links geteilt.

Verkommt Mastodon zur Recyclingbude für Tweets?

Wie sieht es auf anderen Servern aus? Ich schaue mich um – und stoße auf den Server bitcoinhackers.org. Der war bereits im Zuge des (doch nicht so permanenten) Twitter-Banns des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump zu einem Rückzugort der Laseraugen herangewachsen. Schließlich befürchtete die libertäre Bitcoin Bubble mit dem Ausschluss des Enfant Terrible eine Art Dammbruch der Zensur. Sonderlich erfolgreich war bitcoinhackers.org allerdings nicht. Aber vielleicht im zweiten Anlauf?

Ins Bitcoin-Mastodon kommst du schwerer als ins Berghain

Bis Redaktionsschluss werde ich es nicht erfahren. Der Server ist geschlossen und man verlangt eine Art Bewerbungsschreiben. Wahrheitsgemäß antworte ich mit: “Ich bin ein deutscher Bitcoiner und Journalist, der nach einer Twitter-Alternative sucht.” Hoffentlich komme ich so eines Tages an der harten Tür der BTC-Gatekeeper vorbei ins gelobte Land des Bitcoin-Maximalismus.

Nun gut: Für Bitcoin gibt es ja noch – Twitter! Dort übrigens feiert man die Übernahme durch Elon Musk. Schließlich steht der reichste Mann der Welt für eine sehr breite Auslegung der Meinungsfreiheit; Hatespeech soll künftig kein Kriterium mehr für den Ausschluss sein. Donald Trump krempelt sich bereits die Golfhosen hoch und macht sich für sein Twitter-Comeback aus Mar-a-Lago bereit. Genug Feuer zum Öl hineingießen gibt es ja.

Außerdem gilt Musk als ausgemachter Krypto-Freund. Sein Lieblingscoin ist zwar nicht orange, sondern trägt einen Shiba-Inu-Hund im Logo. Doch von einer tieferen Krypto-Integration dürfte schlussendlich vor allem BTC profitieren.

Mastodon: Trendy ist anders

Ich schaue weiter und finde den Server ravenation.club. Cool, eine Techno-Community. Hier kann ich meiner zweiten Leidenschaft als DJ nachgehen, denke ich. Doch auch hier: gähnende Leere. Eigentlich gibt es nur den User @Anakiin15, der aber auch nicht so recht zu wissen scheint, was er als Soloteilnehmer mit der sozialen Plattform anfangen soll.

“Momentan ist nichts im Trend. Schau später wieder!”

Ist Mastodon als Twitter-Alternative gescheitert? Man könnte nun zynisch sein und sagen, dass das “dezentrale Twitter” gegen das Original ohnehin keine Chance hat. Und vermutlich stimmt das sogar. Trotzdem ist es gut, dass es Alternativen zum blauen Vogel gibt, die dem Größenwahn seines neuen Eigners zumindest im Ansatz die Grenzen aufzeigen. Oder wenn man halt partout keinen Bock auf den erratischen Multimilliardär hat.

Was mich bei Mastodon aber wirklich stört, ist der Umstand, dass man je Themenfeld einem neuen Server beitreten muss. Hirnloses Doom-Scrolling, so ungesund es auch sein mag, macht einfach Spaß. Bei Twitter findet man gleich unter einem Thread, der die Doktorarbeit eines Ökonomen über den historischen Zusammenhang von Zins und Goldpreis auseinandersetzt, Tweets wie diesen:

Der angekündigte Massenexodus nach Mastodon wird aller Voraussicht nach keiner werden. Oder, um es in den Worten des einzigartigen El Hotzo zu sagen:

“Mastodon fühlt sich an, als ob man den netten Typen mit der sauberen Wohnung datet, aber immer, wenn man in seinen Armen liegt, an den kettenrauchenden Ex mit dem Gamingstuhl denken muss”.

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