Skalierungslösungen Polygon (MATIC): Ethereums Internet der Blockchains

Polygon (MATIC) hat ganz ohne Hundeblick die Herzen der Investoren erobert. Was verbirgt sich hinter dem Senkrechtstarter?

Christopher Klee
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Beitragsbild: Shutterstock

| Die meisten Altcoins zeigen sich von ihren bullishen Seite. Auch Polygon (MATIC) gehört dazu.

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Ethereum boomt – noch. Denn der Pionier unter den Smart-Contract-Plattformen hat ein Problem: Das Netzwerk operiert aufgrund seiner tonangebenden Rolle im Bereich der dezentralen Finanzwirtschaft (DeFi) beständig an seiner Kapazitätsgrenze. Die Folge: Horrende Gebühren oder lange Wartezeiten für jene, die keine Wucherpreise zahlen wollen, um ihre Transaktion schnell bestätigen zu lassen. Ethereum ist mit seinen durchschnittlich 15 Transaktionen pro Sekunde (TPS) zwar 3-5 mal schneller als Bitcoin. Doch für sein selbstgestecktes Ziel, eine Art dezentraler Weltcomputer zu werden, reicht dieser Wert bei weitem nicht.

Das ist auch der großen Community von Ethereum-Entwicklern klar, weshalb bereits seit Jahren diverse Lösungsansätze erforscht werden, die Ethereum skalierbar machen sollen. Fest steht: Ethereum 2.0 wird sich vom energiehungrigen und vergleichsweise ineffizienten Konsensmechanismus Proof of Work verabschieden und voll auf Proof of Stake umsteigen. Doch die Uhr tickt für den Branchenprimus: Denn mit Polkadot, Cosmos und Cardano stehen spannende ETH-Konkurrenten bereits in den Startlöchern.

Spiel mir das Lied vom Code

Angesichts der Heilsversprechen der “jungen Wilden” könnte man meinen, dass Ethereums Tage gezählt sind. Und dennoch hangeln sich nicht nur ADA, DOT und Co., sondern auch ETH in diesem Jahr von einem Allzeithoch zum nächsten.

Und das aus gutem Grund: Als “First Mover” unter den Smart-Contract-Plattformen hatte Ethereum viel Zeit, eine große Entwicklergemeinde aufzubauen. Mittlerweile zählt das Ökosystem Millionen von Softwareentwicklern, die sich die Smart-Contract-Programmiersprache Solidity angeeignet haben, Tendenz steigend. Das legen unter anderem die stetig steigenden Downloadzahlen für den Ethereum-Test-Client Ganache nahe.

Keine andere Plattform im Blockchain Space hat ein derart großes Rückgrat an Entwicklern – in dieser Hinsicht ist Ethereum seiner Konkurrenz meilenweit voraus. Und diese Entwickler tüfteln nicht nur fleißig an neuen dezentralen Apps (dApps), sie sorgen zudem bereits jetzt schon dafür, dass Ethereum skalierbarer wird. Ein Projekt, das in dieser Hinsicht aktuell enorme Erfolge feiert, ist das Polygon Network.

Blockchain-Baklava

Im Jahr 2017, dem Gründungsjahr von Polygon Network (damals noch Matic Network) lag der Fokus zunächst ausschließlich auf der Skalierungs-Technologie Plasma. Plasma ist ein Framework, das von Ethereum-Mitgründer Vitalik Buterin und Joseph Poon, einem der Architekten des Lightning Network, entwickelt wurde. Als Layer-2-Lösung kommen bei Plasma sogenannte Child Blockchains zum Einsatz, die auf einem Basis-Layer (zum Beispiel Ethereum) aufsetzen. Innerhalb dieser “Kinder-Blockchains” lassen sich Smart-Contract-Operationen rasend schnell abwickeln, weil für ihre Bestätigung nicht das gesamte Netzwerk herangezogen wird. Stattdessen verfügt jede Child Blockchain über eigene Validatoren, die die korrekte Ausführung der Transaktionen und Smart-Contract-Befehle “off-chain” überwachen. Die Parent Chain (Ethereum) überprüft in regelmäßigen Abständen den Zustand der Child Chains, ohne dabei jede Transaktion im Einzelnen bestätigen zu müssen.

Nun ist Polygon selbst mehrlagig aufgebaut. Die Smart Contracts für das Staking des netzwerkeigenen Token MATIC laufen auf Ethereum, das die unterste Netzwerkschicht bildet. Eine zweite Netzwerkebene, “Heimdall”, dient zur Bestätigung von Blöcken via Proof of Stake und kommuniziert mit Ethereum. Produziert werden die Blöcke auf einer weiteren Netzwerkebene namens Bor, bei der ebenfalls Proof of Stake zum Einsatz kommt. Heimdall zählt zur Zeit des Schreibens 100 Validatoren, aus denen auch die Block-Produzenten für Bor per Zufallsprinzip rekrutiert werden.

“Ethereums Internet der Blockchains”

Mit dem Rebranding in “Polygon Network” erweiterte das Projekt im Februar 2021 seinen Horizont; unter anderem deshalb, weil Plasma für bestimmte Szenarien weniger geeignet ist, als andere Skalierungs-Technologien. So gilt etwa für Assets, die über die Plasma-Brücke von Ethereum in das Polygon-Netzwerk überwiesen werden, eine siebentägige Frist, bis sie wieder zurück auf Ethereum wandern können. Daher bietet Polygon neben Plasma auch eine klassische Proof-of-Stake-Brücke zu Ethereum an.

Als Nächstes soll der Blockchain-Baukasten, den Polygon Entwicklern zur Verfügung stellt, um die Skalierungstechnologien ZK-Rollups und optimistic Rollups erweitert werden. Auf diese Weise soll Polygon zu “Ethereums Internet der Blockchains” werden, wie es Marketing-trächtig auf der Homepage des Projekts prangt.

Auffällig ist, dass das Matic Network in seiner Dokumentation noch als Blockchain-agnostisch bezeichnet wurde. Mittlerweile hat sich das Team jedoch zu 100 Prozent Ethereum verschrieben. Gegenüber BTC-ECHO bezeichnete Arjun Kalsy, VP für Wachstum bei Polygon, sich und sein Team als “Ethereum-Maximalisten”.

Der MATIC Token – die Funktionen

Der MATIC Token (ERC-20) erfüllt bei Polygon drei Funktionen. Zum einen müssen MATIC von Block-Produzenten und -Validatoren gestakt werden, damit sie an der Konsensbildung im Netzwerk teilnehmen können und eine Aussicht auf die Block-Belohnungen erhalten. Damit verbunden ist seine Funktion als Anreiz für die Validatoren und Block-Produzenten. Wer nicht selbst einen Validator Node aufsetzen kann oder möchte, kann seine MATIC Token an einen Validator delegieren. Darüber hinaus dient MATIC zum Bezahlen von Transaktionsgebühren innerhalb des Polygon-Netzwerks. MATIC verfügt über einen gedeckelten Supply von 10 Milliarden Einheiten.

Matic Token Verteilung

Für MATIC wurde im April 2019 ein Initial Exchange Offering (IEO) auf Binance abgehalten. Bei dem IEO wurden 19 Prozent des Gesamt-Supplys verkauft. Zuvor wurden bereits 3,8 Prozent des Gesamt-Supply in privaten Pre-Sales veräußert. Bei dem IEO wechselten MATIC Token für umgerechnet 0,0026 USD die Besitzer.

Die restliche Token-Verteilung gestaltet sich wie folgt:

  • 16 % für das Team
  • 4 % für Berater
  • 12 % für Staking Rewards
  • 21,86 % für die Foundation
  • 23,33 % für den Ausbau des Ökosystems

Für die Ausschüttung der Token gibt es einen Fahrplan, der dafür sorgt, dass der Markt nicht schlagartig überschwemmt wird. Bis August 2022 sollen alle MATIC Token im Umlauf sein. Der MATIC-Kurs hat eine enorme Entwicklung hingelegt. Zur Zeit des Schreibens handelt MATIC bei 0,94 US-Dollar. Im Vergleich zu seinem Allzeittief vom 10. Mai 2019, das mit 0,003 USD immer noch über dem IEO-Kurs lag, hat MATIC um über 30.000 Prozent zugelegt. Und das ganz ohne Hundelogo.

Fahrplan für die Freischaltung der MATIC-Token Quelle: Binance Research

Vielmehr steckt hinter der Rallye von MATIC ein guter Grund: Der Krypto-Hype in diesem Frühjahr hat die Skalierungs-Probleme von Ethereum drastisch vor Augen geführt. Die Boom-Sektoren DeFi und NFT haben auch medial hohe Wellen geschlagen und für ein noch größeres Gedränge in den ohnehin notorisch überbuchten Blöcken der Ethereum Blockchain gesorgt.

Der Andrang bei Layer-2-Plattformen wie Polygon wurde dadurch immer größer. Mittlerweile bauen mehrere hundert Projekte mit Polygon. Befeuert wurde der MATIC-Kurs zudem von einer Reihe neuer Partnerschaften mit Prestige-trächtigen DeFi-Projekten wie Aave, SushiSwap, Curve Finance oder dem NFT-Marktplatz Open Sea. Auch The Graph (GRT) und ChainLink haben Projekte mit Polygon lanciert. Gegenüber BTC-ECHO hat Polygons Arjun Kalsy eine Kooperation mit dem Blockchain-Explorer Etherscan angedeutet.

Investment Case Polygon (MATIC)

Anders als bei den viel gehypten Memecoins kommt der Aufstieg von Polygon nicht aus heiterem Himmel. Die Entscheidung, sich ausschließlich auf Lösungen für Ethereum zu konzentrieren, scheint die richtige gewesen zu sein: Sie ermöglicht es Polygon, das Ökosystem mit der größten Community, den meisten Entwicklern und den meisten Projekten anzuzapfen. Ironischerweise befürchten manche Beobachter, dass Ethereum 2.0 Polygon gefährlich werden könnte, weil es ebenfalls einen hohen Transaktionsdurchsatz und niedrige Gebühren bieten wird. Sollte Ethereum allerdings seine Entwicklung fortsetzen und tatsächlich den Schritt zum Weltcomputer schaffen, dann könnten auch die optimistischsten TPS-Spekulationen zu kurz greifen.

Anders gesagt: Die Skalierung ist eine endlose Aufgabe. Und Polygon scheint bestens dafür positioniert, künftig eine noch relevantere Rolle für das Wachstum von Ethereum zu spielen. Eine steigende Nachfrage bei begrenztem Angebot scheint nicht die schlechteste Voraussetzung für weitere Kurszuwächse – auch wenn eine parabolische Rallye immer zur Vorsicht gebieten sollte.

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