Gastbeitrag Steuern auf Krypto und Co. – mehr Unklarheiten als feste Regeln

In seinem Gastbeitrag widmet sich Accointing-CEO Dennis Wohlfahrt dem weiten Themenfeld der Besteuerung von Kryptowährungen in Deutschland.

Dennis Wohlfahrt
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Bitcoin Steuern

Beitragsbild: Shutterstock

Zumindest die eine Regel, wenn es um die Besteuerung von Erlösen aus Kryptowährungen geht, ist einfach: Wer Bitcoins oder andere Kryptowährungen länger als ein Jahr besitzt, kann einen Gewinn aus Kursveränderungen steuerfrei mitnehmen – egal in welcher Höhe. Innerhalb der ersten 12 Monate nach Kauf darf der Profit maximal 599,99 Euro betragen – ab dann werden Steuern fällig. Ob diese Regelung noch lange so gilt, darf aber bezweifelt werden, denn schon für 2022 wird erwartet, dass es für Kryptogeschäfte eigene Steuergesetze geben wird. 

Aktuell werden Kryptowährungen steuerlich als “andere Wirtschaftsgüter” betrachtet und entsprechend besteuert. In der Sprache des Finanzamtes heißen An- und Verkauf “private Veräußerungsgeschäfte”. Deswegen kennen (fast) alle privaten Krypto-Investoren die Anlage SO für “sonstige Einkünfte” – hier werden die Gewinne eingetragen. Aber wer in mehreren Währungen investiert, häufiger an- und verkauft und dies womöglich über verschiedene Wallets wird es schwer haben, mit Excel-Tabellen und Screenshots von Kursen zu bestimmten Stichtagen die bestmögliche Steuererklärung abzuliefern.

Der Gesetzgeber hat noch keine festen Steuergesetze im Angebot

Für die einzelnen Finanzämter gibt es derzeit Ermessensspielräume, wenn man von der grundsätzlichen Regelung der Haltefristen absieht. Gewartet wird bei den Finanzgerichten vor allem auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes in München, mit der vermutlich im nächsten Jahr viele Fragen rund um die Besteuerung von Blockchain-basierten Angeboten verbindlich geklärt werden sollen. 

Parallel dazu verläuft eine einheitliche Formulierung eines Krypto-Steuergesetzes auf EU-Ebene. Denn, um nur ein Beispiel zu nennen, ist zurzeit unklar, ob digitale Zahlungsmittel wie der Bitcoin genauso versteuert werden sollen wie das Smart Contract-Tool Ethereum. Werden Deals mit Bitcoin in der Zukunft als Devisengeschäft behandelt, Geschäfte mit Ethereum aber wie Handel mit Wirtschaftsgütern gleichgesetzt?

Dass vieles unklar ist, verheimlichen die Gerichte nicht: “Der Gesetzgeber ist weder verpflichtet noch dazu in der Lage, auf jede (technische) Neuerung sofort regulatorisch zu reagieren. Er hat einen weiten Ermessensspielraum und darf zunächst deren erste Entwicklung abwarten. Er muss im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung erst dann reagieren, wenn sich gravierende Missstände zeigen”. (Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Juni 2021).

Ist der Bitcoin-Run zu schnell für Gerichte und klassische Steuerberater? 

Der Münchner Bundesfinanzhof hat viel zu tun, denn es sind nicht nur die Fragen rund um Transaktionsgewinne- und Verluste, die rechtssicher geklärt werden müssen. Ein weiteres Thema: Das Mining oder Schürfen von Kryptowährungen. Mining hat das Ziel, Gewinne zu machen – Steuerexperten gehen gegenwärtig davon aus, dass diese Gewinne als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) versteuert werden müssen (Entwurfsschreiben des Bundesfinanzministeriums vom 17.6.2021). Eine handfeste gesetzliche Grundlage fehlt noch. 

Es sind nicht nur die Gerichte und Finanzämter, die von dem blitzartigen Aufstieg der Blockchain-Technologie überrollt worden sind. Alteingesessene und traditionsbewusste Steuerberater und Steuerkanzleien stehen vor Herausforderungen, die in vielen Fällen zu groß sein können.

Perfekte Dokumentation aller Krypto-Geschäfte ist zwingend

Wenn Gerichte und Finanzämter selbst darauf verweisen, dass es noch keine gesetzliche Grundlage für die Besteuerung von Krypto-Geschäften gibt, hilft nur eines: sich für alle kommenden Gesetze, Regelungen und Vorschriften perfekt aufstellen, um eventuelle Chancen nicht zu verpassen und Risiken zu vermeiden. Die Veränderung bei Haltefristen, das Anheben oder das Senken von Freigrenzen, die unterschiedliche Behandlung unterschiedlicher Währungen oder die Einstufung von Mining-Gewinnen – all dies sind Themen, mit der sich ein steuerpflichtiger Krypto-Anleger in den nächsten Jahren mit Sicherheit auseinandersetzen muss. Daraus können sich höhere Abgaben, aber auch großartige Chancen ergeben. 

Klar ist, dass die Finanzämter in jedem Fall eine akribische Dokumentation aller Geschäfte erwarten werden. Dabei ist Deutschland keine Ausnahme: Alle europäischen Länder werden ähnliche Festlegungen treffen, Schlupflöcher für Bitcoin-Profite sollen auf EU-Ebene verhindert werden. Im Zeitalter der in aller Welt arbeitenden “digital nomads” und finanziell unabhängigen Großgewinner der Krypto-Entwicklung müssen Steuerberater und digitale Tools eine starke internationale Kompetenz haben, die über die Grenzen Europas hinausgeht.
  

Steuerhinterziehung: Zelle statt Traumurlaub 

Steuerhinterziehung wird nur von naiven Zeitgenossen für eine kleine Geschichte gehalten. Denn wer Gewinne aus Kryptogeschäften beim Finanzamt verschweigt, wird genauso behandelt wie jeder andere Steuersünder auch: In besonders schweren Fällen muss dann bis zu 10 Jahre aus einer Gefängniszelle getradet werden, vorausgesetzt das Internet funktioniert dort. Diese drakonische Strafe (§ 370 Abgabenordnung) wird selten verhängt, aber schmerzhafte Geldbußen sind bei Steuerhinterziehung die Regel, zusätzlich fallen hohe Zinsen und Verspätungszuschläge an. 

Die Steuerfahndung ist weiter als der Gesetzgeber: IT-Forensiker spüren Transaktionen trotz Verschlüsselung auf Rechnern auf und Auskunftsersuchen der Steuer-Kripo an eine Kryptobörse werden oft beantwortet. Kein ambitionierter Börsenbetreiber hat Lust, bei deutschen Behörden auf der schwarzen Liste zu stehen, denn das heißt in ganz Europa stigmatisiert zu sein. 

Was nicht übersehen werden darf: Die Stammtischweisheit “Unwissenheit schützt vor Strafe nicht” gilt ganz besonders, das hat der Bundesfinanzhof klargestellt.  Selbst bei Zweifeln, was und wie viel zu versteuern ist, muss der Betroffene sich bei den zuständigen Stellen selbst erkundigen. Steuersünden verjähren frühestens nach 5 Jahren (manchmal erst nach 10 Jahren) – damit ist auch die Frage beantwortet, wie lange alle Dokumentationen jederzeit greifbar sein sollten: Anschaffungs- und Veräußerungsdatum, Anschaffungskurs, die genaue Menge, die entsprechende Börse oder Plattform, den Veräußerungskurs mit möglichst konkreten Berechnungen. 

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