Pekuna-Chef im Interview “Der Steuer-Entwurf vom BMF ist ein Schlag ins Gesicht für den Krypto-Space”

Der Steuerentwurf des Bundesfinanzministeriums sorgt im gesamten Krypto-Space für Empörung. Welche Eckpunkte der Szene schaden, erklärt Pekuna-Chef Werner Hoffmann.

Daniel Hoppmann
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Wrner Hoffmann in den Räumlichkeiten von Pekuna.

Beitragsbild: Pekuna

Der kürzlich veröffentlichte Steuer-Entwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) sorgte in weiten Teilen des Krypto-Space für Empörung. Vor allem beim Staking und Lending führte die angesteuerte Anhebung der steuerlichen Haltefristen auf zehn Jahre für Unverständnis. Um zu erfahren, welche Vor- und Nachteile der Entwurf Anlegerinnen und Anlegern bringt, traf sich BTC-ECHO mit dem Geschäftsführer von Pekuna, Werner Hoffmann. Das Unternehmen bietet Gutachten mit Gewinn- und Verlustrechnungen für seine Kunden zur Vorlage beim Finanzamt an. Zu dem Entwurf veranstaltet Pekuna am 1. Juli 2021 um 18:00 Uhr eine kostenlose Infoveranstaltung, zu der jeder Interessierte herzlich eingeladen ist.

BTC-ECHO: Hallo Werner, es freut uns, dass du bei uns bist. Bevor wir in die Materie einsteigen, wäre es toll, wenn du dich unseren Lesern kurz und knapp vorstellen könntest.

Werner Hoffmann: “Bei meinem Informatikstudium bin ich erstmals über Kommilitonen mit dem Thema Kryptowährungen in Berührung gekommen. 2015 kaufte ich meine ersten Bitcoin und mit dem Bullrun 2017 begann ich dann, mich noch intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen. Dabei merkte ich, wie kompliziert eigentlich das Thema Steuern im Krypto-Bereich ist.

In der Konsequenz gründete ich dann 2019 mit meinem Mitgründer Constantin Steininger Pekuna … Unsere Kunden sind Privatpersonen und Unternehmer. Wir schreiben Gutachten mit Gewinn- und Verlustrechnungen, sodass das Finanzamt das verstehen kann. Ein bisschen wie ein Übersetzer aus der Kryptowelt in eine verständliche Finanzamtsprache.

“Eine Frechheit”

BTC-ECHO: Wie ist dein allgemeiner Eindruck von dem Krypto-Entwurf des BMF?

Hoffmann: “Also wenn ich mir den Gesamttenor des Schreibens vor Augen führe, muss ich sagen, dass das für den Krypto-Space schon mehr ein Schlag ins Gesicht ist, als es ihn fördert. Man versucht hier schon fast zwanghaft, alles einer sehr negativen Besteuerung zu unterlegen. Insbesondere in dem Kontext der kommenden Bundestagswahl finde ich es schon eine Frechheit, dass eine Bundesregierung, die sich einen Blockchain-Fahrplan in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, jetzt Wochen vor Ende der Koalition so etwas raushaut. Die Konsequenzen für den Krypto-Space sind dabei super negativ und werden wahrscheinlich maßgebend mindestens die nächsten fünf, wenn nicht sogar zehn Jahre prägen.

BTC-ECHO: Glaubst du, dass der Entwurf überhaupt umgesetzt werden kann? Vor allem mit Hinblick auf dezentrale Börsen?

Hoffmann: “Also es sind ein paar Punkte, die schwer umsetzbar sind. Einer ist zum Beispiel: der Fork. Zuvor ging man allgemein davon aus, dass die neuen durch den Fork entstandenen Coins keine Einkünfte darstellen. Hier fand keine Tätigkeit statt und war damit nicht steuerpflichtig, ebenso war der Verkauf steuerfrei, da es keine Anschaffung gab. Der ursprüngliche Coin wurde wie gewohnt mit einem Jahr Haltefrist versteuert.

Mit dem BMF-Entwurf würde sich das jedoch ändern. Der Fork wird laut diesem Schreiben aufgeteilt: die Anschaffungskosten des ursprünglichen Coins in zwei neue Assets. Und hier ist das Problem. Denn den genauen Preis zum Zeitpunkt des Forks kann man kaum nachvollziehen. Es ist einfach nicht Praxis-geeignet.”

BTC-ECHO: Ein anderer großer Streitpunkt findet sich in der Regelung zum Mining. Einige stören sich an dem gewerblichen Generalverdacht, den das neue Papier digitalen Schürfern unterstellt. Wie siehst du das?

Hoffmann: “Das wurde im Endeffekt aber nur nochmal klargestellt. Das war eigentlich schon immer relativ ähnlich. Auch hier hatten wir vorher schon den Grundtenor, dass Mining eine gewerbliche Tätigkeit ist und das eben nachgewiesen werden kann, dass der Umfang jetzt nicht einem Unternehmen entspricht. Das wurde uns mit dem BMF-Schreiben mehr oder weniger bestätigt.”

“Ein Antminer im Wohnzimmer ist OK”

BTC-ECHO: In einer Passage steht, dass eine gewerbliche Tätigkeit “widerlegbar vermutet” wird. Das bedeutet, dass die Beweislast bei der jeweiligen Person liegt. Gibt es in dem Kontext von dem Gesetzgeber eigentlich eine Obergrenze, ab wann Mining gewerblich wird?

Hoffmann:Keine fixen, dass man sagen könnte: “Ok, bis zu dieser Hashrate oder bis zu diesen Erträgen”. Die Aussage ist, dass es kein gewerblich eingerichteter Betrieb sein darf. Also ab dem Zeitpunkt, wo du anfängst das Ganze etwas zu professionalisieren.”

Wenn dein Antminer im Wohnzimmer steht, dann ist es ok, dann ist es ein Hobby-Device.  Ab dem Zeitpunkt, wo du einen Mitarbeiter anstellst, ist es ein klares Zeichen, dass das eine unternehmerische Tätigkeit ist. Ab dem Zeitpunkt, wo du das in Vollzeit machst, ist das auch ein klares Anzeichen. Aber da gibt es ja immer noch einen großen Spielraum.

BTC-ECHO: Das heißt, man muss es eher individuell anwenden.

Hoffmann: “Ja genau, das muss individuell ausgelegt werden. Daher natürlich auch ein bisschen problematisch, da es keine klaren Grenzen gibt, auf die man sich verlassen kann.”

BTC-ECHO: Wären denn solche Obergrenzen wünschenswert, um verständlichere Regeln zu definieren?

Hoffmann: “Wenn in dem Schreiben eine solche klare Regelung wäre, würde ich sagen, dass das BMF hier ganz klar Kompetenzen überschritten hätte. Dann wären sie gesetzgeberisch tätig geworden und das dürfen die nicht. Gesetze müssen schließlich über den Bundestag beschlossen werden. Der Krypto-Entwurf ist eine reine Verwaltungsmeinung, um den Finanzämtern der Länder einheitliche Regeln geben zu können.”

Hier ist eher der Bundestag in der Pflicht. Und das sehe ich auch noch, weil es da noch Dinge gibt, die nicht vollends oder noch gar nicht geregelt sind. Beispielsweise NFT oder Sachen aus dem DeFi-Space wie Liquidity Mining.”

Krypto-Standort Deutschland in Gefahr?

BTC-ECHO: Also eher ein Thema, das die kommende Regierung beschäftigen dürfte. Kommen wir zum Staking und Lending. Könntest du da noch mal den Unterschied erklären?

Hoffmann: “Also beim Lending geht es um den Vorgang, dass ich meine bestehenden Assets an eine Plattform oder DeFi-Protokoll hingebe. Diese dann an andere Nutzer verleihe und dafür Zinsen bekomme. Man kann es sich wirklich so vorstellen, wie das Krypto-Pendant zum Zinssystem.”

Beim Staking geht es um Erträge, die aus dem Proof-of-Stake-Algorithmus generiert werden. Der PoS-Algorithmus ist eine Alternative zum Mining. Hierbei geht es darum, dass ich meinen “Stake” hinterlege, also eine Art Pfand im Netzwerk. Dadurch bin ich berechtigt, an diesem Algorithmus teilzunehmen und bekomme dafür neu erzeugte Coins ausgeschüttet und Transaktionsgebühren von anderen Nutzern zugewiesen.”

BTC-ECHO: Vor dem Entwurf war dieser Bereich ja eine Art steuerliche Grauzone. Da galt die Zehnjahresfrist auch schon als umstritten. Mit dem Entwurf definiert das BMF aber nun klare Regeln für Staking und Lending und will die Frist von zehn Jahren nun verbindlich einführen. Wie schätzt du diese Neuerung ein? Macht es den Standort Deutschland unattraktiv etwa für Krypto-Start-ups, die Proof-of-Stake-basiert sind?

Hoffmann: “Ja, absolut! Das sehe ich auch als größtes Problem, dass wir uns als Standort Deutschland von solchen interessanten Technologien über Steuerrecht fernhalten. Bei uns (Pekuna, Anm.d.Red.) muss man auch sagen, sind die Anfragen explodiert. Also zum Thema Auswanderung. Portugal ist ja jetzt ein Riesenthema in der Szene und viele sagen: Okay, wenn dieser Entwurf so durchgeht, dann steht für sie fest, dass sie demnächst nach Portugal gehen. Die fragen uns dann, ob wir sie auch da unterstützen können.

Zudem hielten auch viele Steuerexperten eine Anhebung für unrealistisch. Es gab beispielsweise mal ein Gerichtsurteil. Da hatte jemand mehrere Millionen Mark in US-Dollar investiert und hatte darauf Zinsen bekommen. Als er es wieder in Mark zurücktauschen wollte, ergab sich bei der Umrechnung die Frage, ob das Ganze nun der Zehnjahresfrist unterliegt oder nicht. Das Urteil lautete “nein”, weil die Zinsen überhaupt nichts mit dem ursprünglichen Asset zu tun haben, sondern sich nur auf die Kapitalforderung bezieht.

Auch beim Staking ist es ja so, dass die Gebühren nicht für den hinterlegten Stake bezahlt, sondern für die Netzwerkverifikation und davon hängt die Höhe der Vergütungen ab. Daher gingen eigentlich sehr viele davon aus, dass die Zehnjahresfrist nicht kommen wird.

Generell sieht man in dem Schreiben, dass versucht wird, möglichst viel in die Steuerpflicht reinzuargumentieren.”

“Krypto-Szene muss zusammenhalten”

BTC-ECHO: Nun gibt es ja viel Kritik aus dem Krypto-Space und damit einhergehend Aufrufe von verschiedenen Vertretern der Szene, eine gemeinsame Stellungnahme abzugeben. Plant ihr Ähnliches in die Richtung?

Hoffmann: “Also zunächst einmal ist das hier wirklich ein Thema, bei dem die Krypto-Szene zusammenhalten muss, wo mehr Feedback auch wirklich wertvoll ist und aus verschiedenen Ecken kommen kann.”

Wir werden dazu eine eigene Stellungnahme abgeben im Namen von Pekuna. Ich bin aber auch noch bei einer weiteren Stellungnahme vom Bundesverband Blockchain (Bundesblock) dabei, der wird auch noch eine Stellungnahme abgeben und eventuell schreibt die Bitkom auch noch eine eigene Stellungnahme. Also man merkt schon, dass sich die Krypto-Szene organisiert, engagiert.”

BTC-ECHO: Gibt es denn die Möglichkeit, dagegen auch juristisch vorzugehen?

Hoffmann: “Ja, da gibt es auch Möglichkeiten. Es ist ja jetzt erstmal ein Verwaltungsschreiben. Sprich, das kommt von der Exekutive, also dem BMF. Es ist also nur bindend für die Finanzämter. Das heißt, wir als Privatpersonen oder auch also Unternehmen müssen uns nicht an diese Vorgaben halten.”

Das Finanzamt kann uns natürlich dazu drängen, wieder dazu zurückzukehren zu der BMF-Meinung. Dazu sind wir aber nicht verpflichtet. Und wenn man sich hier nicht einigen kann, dann geht das Ganze vor ein Finanzgericht. Der Ablauf wäre da zunächst das Finanzgericht. Und wenn die pro Finanzamt entscheiden, dann eine Instanz weiter zum Bundesfinanzhof (BFH).”

BTC-ECHO: Gibt es denn auch positive Aspekte in dem Krypto-Entwurf?

Hoffmann: “Also zum einen, dass Mining auch privat sein kann. Das ist positiv, das einmal schriftlich zu haben. Es gibt noch so ein Damoklesschwert. Das ist der gewerbliche Krypto-Händler oder Trader. Also kann ich so viel traden, dass es eigentlich mehr ein Trading-Business ist, als ein privates Geschehen. Beim gewerblichen Krypto-Händler sind die Punkte jedoch sehr hoch angesetzt. Also du musst einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb haben und du musst bankentypisch arbeiten. Also könntest du tausend Trades pro Tag machen, solange du das aus deinem Wohnzimmer machst, ist das nicht bankentypisch.

BTC-ECHO: Wie sollte man seine Krypto-Trades denn am besten dokumentieren?

Hoffmann: “Also Dokumentation ist tatsächlich ein großer Punkt. Auch übrigens einer der in dem Entwurf gar nicht angesprochen wurde. Das ist der Randpunkt 51 und da steht einfach gar nichts, obwohl das eines der wichtigsten Themen ist.”

Für uns als Firma ist das natürlich auch ein Riesenthema, weil es unser Produkt ist. Ansonsten gilt: je mehr Dokumentation, desto besser. Jetzt kann man loslegen mit der einfachen Excel-Tabelle, die tatsächlich noch das Haupttool ist. Dann gibt es ein paar Portfolio-Tracking-Tools wie CoinTracking oder Blockfolio. Und dann gibt es noch andere Tools, die eben genau für diesen steuerlichen Bereich ausgelegt sind, wie Blockpit oder Accointing.”

Wem die ganze Thematik jedoch zu kompliziert ist, kann sich auch gerne an uns wenden.

Vielen Dank!

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