Deutschland, Land der Kryptoverwahrer?  Stefan Schmitt von Plutoneo erklärt im Interview den Markt der Token Custody

Eines der großen Themen, das Ende 2019 aufgekommen ist, ist die professionelle Verwahrung von Token. Insbesondere um institutionelle Investoren für tokenisierte Assets und Kryptowährungen zu gewinnen, bedarf es höherer Standards. Eines der Unternehmen, das nun im Wettrennen um das institutionelle Geld eingestiegen ist, heißt Plutoneo. Worauf es bei dem Verwahrgeschäft ankommt, an welchen Stellen in Deutschland noch regulatorischer Nachbesserungsbedarf besteht und wie sich das Marktumfeld entwickeln wird, hat uns Stefan Schmitt im persönlichen Interview verraten.

Sven Wagenknecht
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Das Interview ist zuerst in der Februar-Ausgabe vom Kryptokompass erschienen. 

BTC-ECHO: Auf eurer Homepage steht, dass ihr nicht nur Custody, sondern auch Asset Management und Issuing anbietet. Kannst du genauer ausführen, was euer Dienstleistungsspektrum alles umfasst?

Stefan Schmitt: Die Vision ist es, ein digitales Ökosystem für institutionelle Anleger zu schaffen, die eine End-to-End-Infrastruktur für digitale beziehungsweise tokenisierte Assets suchen. Das startet mit der Emission und geht dann über das Handeln sowie das Asset Management, also die Bündelung digitaler Assets in verschiedenen digitalen Fondsvehikeln.

Als Basis für all das brauchen wir verlässliches Custody (zu Deutsch: Verwahrung) mit höchsten Sicherheitsstandards. Wenn wir über Emission, Vermittlung, Custody und über das Asset Management reden, bieten wir genau das Set-up, das institutionelle Anleger bis heute über eine Vielzahl an Anbietern in der „alten Welt“ finden. Wir wollen diese Infrastruktur jetzt aus einer Hand mithilfe der Blockchain-Technologie anbieten.

BTC-ECHO: Ist die reine Custody denn überhaupt lohnenswert, sofern man nicht signifikante Summen an Assets Under Management hat?

Stefan Schmitt: Ich kann mir vorstellen, dass Custody zu Beginn noch ein einigermaßen lukrativer Markt ist. Für die nächsten zwei Jahre sehen wir auf dem deutschen Markt ein ziemlich festes Wettbewerberumfeld. Denn wer 2019 noch keine Assets verwahrt hatte, wird so schnell von der BaFin auch keine Lizenz als Custodian erhalten. Über den sogenannten Bestandsschutz (Grandfathering) sind wir allerdings dabei. Später sehe ich jedoch einen Preiskampf auf die Wettbewerber zukommen. Schließlich wird es über den Service selbst wohl keine Differenzierung geben – sondern nur über die Kosten. Aktuell ist Custody für digitale Vermögenswerte eine notwendige Infrastruktur, die jeder braucht, der am Markt für digitale Assets partizipieren möchte. Logischerweise fangen wir also damit an und wollen dann unsere anderen Services darauf aufbauen.

BTC-ECHO: Welche Akteure aus der „alten Welt“ fordert ihr denn heraus?

Stefan Schmitt: Offen gestanden sehen wir in der „alten Welt“ weniger Konkurrenz, sondern eher strategische Partner. Wir sehen uns als DLT-Infrastruktur-Provider und nicht notwendigerweise als digitales Finanzinstitut. Unser Ziel ist es vielmehr, mit unserer Infrastruktur etablierte Finanzinstitute über eine offene API-Struktur anzubinden und somit ihren (institutionellen) Kunden Zugang zur Welt der tokenisierten Assets zu ermöglichen. Wir nehmen Banken damit die Not, eigene Kapazitäten in den Aufbau einer Infrastruktur zu stecken.

BTC-ECHO: In welchen Bereichen seht ihr in absehbarer Zeit den größten Mehrwert durch Blockchain bei Finanzinfrastrukturen?

Stefan Schmitt: Grundsätzlich ist die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) hervorragend geeignet, um maximal disruptiv innerhalb der Wertschöpfungskette eines Wertpapier-Lebenszyklus zu wirken. Man hat im Rahmen einer Emission über Handel und Verwahrung mehr als zehn Marktteilnehmer, die für den Anleger zum Teil nicht ersichtlich sind (Broker, Verwahrstellen, Clearing- & Settlementstellen, Paying Agents, Transfer Agents, Depotbanken, Fund Admins etc.). Vieles davon fällt durch die DLT schlicht weg; die Auswirkung auf die Transaktionskosten und die Markteffizienz wird dadurch deutlich spürbar sein. Damit stellen wir vor allem institutionellen Anlegern eine interessante Alternative zu ihrer Anlagestrategie bereit.

BTC-ECHO: Und auf welchen Blockchain-Protokollen setzt ihr dann auf?

Stefan Schmitt: Wir starten auf ERC-20-Basis sowie Bitcoin. Bis Ende des Jahres wollen wir aber für die Anbindung der Top-5-Kryptowährungen gewappnet sein. Zusammenfassend kann man sagen, dass man über die Blockchain allen voran Intermediäre abbauen kann. Prozesse können dadurch schneller und kostengünstiger gestaltet werden – das dürfte der Hauptunterschied zur alten Welt sein. Generell ist das Schlagwort aber die Tokenisierung von physischen Assets im digitalen Raum und die damit verbundene Generierung von ganz neuen Asset-Klassen wie tokenisierten Aktien und Immobilien. Heute sehen wir, dass viele Tokenisierungsprojekte auf dem ERC-20-Standard beziehungsweise auf Ethereum aufbauen. Daher ist es wichtig, für diese Token eine Custody-Lösung bereitzustellen, denn die großen Kryptowährungen bieten nicht genug Vielfalt für eine anspruchsvolle Fondsstrategie.

BTC-ECHO: Nun schlägt das Thema Custody in Deutschland hohe Wellen und führt auf regulatorischer Seite nach wie vor zu Verunsicherung. Wie ist eure Position? Was bereitet euch Kopfschmerzen, was läuft gut?

Stefan Schmitt: Aufgestellt sind wir folgendermaßen: Wir haben uns für die Krypto-Asset-Custody-Lizenz beworben und sind aktuell in der „Grandfathering-Phase“. Das Ziel ist es, bis zum 30.11.2020 eine Lizenz für die Verwahrung von Krypto-Assets zu beantragen. Das Problem, das ich aktuell sehe, ist, dass die deutsche Gesetzgebung in der aktuellen Form veraltet ist. Das heißt zum Beispiel, dass die Wertpapierdefinition des Kreditwesengesetzes (KWG) das Thema Token aktuell nicht oder fast nicht reflektiert. Für den Austausch mit der BaFin bedeutet das, dass man ein neues Produkt mit veraltetem Vokabular abstimmen muss. Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, ein Gesetz, wie beispielsweise in Liechtenstein, zu verabschieden, das dem Endkunden hilft, zu verstehen, was digitale Assets eigentlich meint.

BTC-ECHO: Welche Entwicklungen werden in den nächsten 12 Monaten im Themenfeld der Token Custody auf uns zu kommen?

Stefan Schmitt: Persönlich rechne ich damit, dass sich im Bereich Custody fünf bis zehn Unternehmen etablieren werden. Sicherlich gibt es bereits Wettbewerber, die zurzeit etwas Vorsprung haben. Zudem wird es auch 2020 weiterhin verschiedene STO-Projekte geben, die zunehmend durch Banken begleitet werden. Der Markt als solcher wird deutlich von FinTechs getrieben werden, die bereits jetzt die Rahmenbedingungen schaffen, um die Finanzindustrie nachhaltig zu verändern. Meine Befürchtung ist, dass die Banken diese Entwicklung wieder verschlafen und sich nicht frühzeitig um strategische Partnerschaften mit FinTechs wie Plutoneo bemühen und ähnlich wie im Bereich Zahlungsverkehr wieder als Zaungast enden.

In den nächsten zwölf Monaten wird es spannend zu beobachten sein, ob Banken tatsächlich aktiv werden oder nicht. Werden Partnerschaften abgeschlossen oder fährt der Zug in Deutschland abermals ab?

BTC-ECHO: Und abschließend, was sind nun die nächsten Schritte von Plutoneo?

Stefan Schmitt: Wir entwickeln zum jetzigen Zeitpunkt unser Produkt und wollen es in Q2 2020 zur Marktreife bringen. Zudem sind wir bald verstärkt auf Tagungen anzutreffen. Wir entwickeln unser Produkt übrigens nicht ausschließlich selbst, sondern verlassen uns auf einen Partner – die GISA. Das Unternehmen ist im Energiesektor tätig, einem stark regulierten Umfeld mit höchsten Sicherheitsstandards, und ist zudem BAIT zertifiziert, das macht uns als Start-up absolut einzigartig. Denn diese Erfahrung und etablierten Sicherheitsstandards übertragen wir auf das Feld der Kryptowerte-Verwahrung. Das ist der Unterschied zu Mitbewerbern, die ihre Produkte häufig in Eigenregie entwickeln.

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